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Gen-Panels für Klinische Bereiche

Klinischer BereichDiabetologie

Hinweise zum Klinischen Bereich

Hier finden Sie die für den oben angegebenen Klinischen Bereich verfügbaren krankheitsbezogenen Genpanels.

Sollten Sie die gewünschte Erkrankung nicht finden, verwenden Sie in der Suche bitte ein Ihnen bekanntes Synonym (auch in englischer Sprache).

Die Liste der gebietsbezogenen Erkrankungen zeigt die nach aktueller wissenschaftlicher Datenlage genetisch bedingten Erkrankungen, bei denen eine humangenetische Untersuchung sinnvoll ist. Eine genetische Untersuchung sollte gezielt und nur dann vorgenommen werden, wenn eine Verdachtsdiagnose vorliegt, die nur durch einen humangenetischen Befund ausgeschlossen oder gesichert werden kann. Die Patientinnen/Patienten sind dann in jedem Fall entsprechend aufzuklären, und es soll eine genetische Beratung angeboten werden (siehe GenDG §§ 9, 10). Bei vorgeburtlichen genetischen Untersuchungen ist eine schwangere Frau grundsätzlich genetisch zu beraten (GenDG § 15).

Diabetes und Genetik

Mittels genetischer Diagnostik werden die erblichen Ursachen von Diabetes Erkrankungen abgeklärt. Das Ziel ist hierbei, Abweichungen vom Referenzgenom („Wildtyp“) festzustellen und dann ggf. zwischen neutralen Varianten und pathogenen Mutationen zu unterscheiden, die für die physiologische Entwicklung und störungsfreie Funktion aller normalen Zellen und deren möglicher Entartung von Bedeutung sind. Die Vererbungsmuster diabetischer Erkrankungen stellen die Grundlagen der genetischen Beratung dar für die Patienten, Risikopersonen und betroffene Familien.

In den letzten 30 Jahren wurden Dutzende Gene charakterisiert, die diabetische Erkrankungen hervorrufen bzw. zur Entwicklung beitragen. Aktuelle Ergebnisse der diabetologischen Forschung wirken sich unmittelbar auf das diagnostische Vorgehen im Labor und in der Aufklärung bzw. Beratung aus. Beispielsweise können Mutationen in unabhängigen Genen auf verschiedenen Chromosomen klinisch nicht differenzierbare, Diabetes-Formen wie z.B. MODY (Maturity-Onset Diabetes of the Young) hervorrufen. Andererseits führen verschiedene Mutationen in ein und demselben Gen zu klinisch offenbar separierten Krankheitsentitäten (PDX1 Genmutationen verursachen MODY Typ IV und Pankreasagenesie).

Formalgenetik und Ätiologie

Formalgenetisch und ätiologisch lassen sich folgende Gruppen genetischer Erkrankungen unterscheiden:

  • monogene Erkrankungen (autosomale oder X-chromosomale Vererbung)
  • digene Erbleiden, die sich nur manifestieren, wenn gleichzeitig Mutationen jeweils heterozygot in zwei unterschiedlichen Genen vorliegen. Dabei bilden die beiden normalen Genprodukte zusammen funktionelle Heterodimere. Digene Vererbung betrifft 3% der Erbkrankheiten neben den klassischen autosomalen und X-gekoppelten Leiden.
  • mitochondriale Erkrankungen (maternale oder autosomale Vererbung)
  • multifaktoriell bedingte Erkrankungen (Interaktion von mehreren bis vielen Genen plus Umwelt-Faktoren)

Diabetische Symptomatik

Diabetische Zeichen entstehen häufig sporadisch – gibt es eine genetische (Mit-)Ursache? Vererbte diabetische Leiden beruhen nachgewiesenermaßen auf genetischen Veränderungen und führen zu mannigfaltigen Störungen in den Proteinen, die mit diabetischen Stoffwechsellagen verknüpft sind. Die DNA-Diagnostik umfasst daher oftmals ein gestuftes Vorgehen, in dem zunächst die häufigsten Mutationen getestet werden, bevor durch umfangreichere und kostenintensivere panel-Verfahren auch die ganz seltenen genetischen Ursachen in parallelen Ansätzen eruiert werden. Aufgefundene Mutationen bzw. alle Varianten mit unklarer Bedeutung (VUS) werden durch DNA-Sequenzanalyse mit Sanger-Technik verifiziert. Spezielle diabetische Erkrankungsformen werden innerhalb anderer spezifischer Facharztdisziplinen abgehandelt, z.B. unter endokrinologischer Diagnostik. Nachfolgend sind daher nur einige der sonstigen häufigeren Krankheitsgruppen angeführt.

Diabetes mellitus

Typ 1-Diabetes ist in aller Regel immunologisch vermittelt bzw. idiopathisch, also zumeist ohne wissenschaftlich objektivierbare Ursachen. Genetisch ist seit Jahrzehnten die HLA-Assoziation mit den Allelen DQB103:02 und DQB102:01 als Prädispositionsfaktoren in großen Kohorten statistisch gesichert. Protektiv wirkt sich das Allel DQB106:02 aus, wohingegen die prädisponierenden Allele in einfacher Dosis das relative Risiko 5 fach erhöhen, die Kombination von DQB102:01/ DQB1*03:02 allerdings >25 fach. Ähnlich häufig wie Typ 2-Diabetes tritt bei Heranwachsenden der nicht immunologisch verursachte aber genetisch bedingte MODY (s.u.) auf. Weitere Formen des Diabetes mellitus im Kindesalter schließen den ebenfalls genetisch fixierten neonatalen Diabetes und Diabetes bei zystischer Fibrose und anderen seltenen Syndromen (s.u.) ein. Beim Diabetes in der Schwangerschaft könnten ähnlich komplexe pathophysiologische Verhältnisse wie andere Diabetes-Formen vorliegen, eine Kombination von genetischen, epigenetischen sowie Umwelteinflüssen.

Diabetes mellitus im Kindes- und Jugendalter

Während für den transienten neonatalen Diabetes nur vier Gene mit ihren Mutationen derzeit als wirklich relevant belegt sind, stehen beim veritablen neonatalen Diabetes mehr als zwei Dutzend Gene zur umfassenden Untersuchung im panel an. Ein gutes Dutzend dieser Gene stehen dabei im Vordergrund des molekulargenetisch-diagnostischen Interesses. Komplexe Syndrome wie Alström, Prader-Willi Syndrom, Wolfram Syndrom Typ 1 + 2 aber auch Chromosomenstörungen (Trisomie 21, Klinefelter und Turner Syndrom) sowie Friedreich Ataxie und Myotone Dystrophie können gehäuft mit diabetischen Zeichen einhergehen. Neonatale Hyperglykämie kann ggf. auch mit kongenitaler Hypothyreoidose einhergehen. Für weitere differentialdiagnostische Fragestellungen, z.B. MODY (s.u.), könnten Gen panels auch in Kombination eingesetzt werden.

MODY

Unter MODY werden derzeit bis zu 14 genetisch differenzierbare Diabetes-Formen zusammengefasst, denen der autosomal dominante Erbgang und pathophysiologisch primäre Insulin-Sekretionsdefekte der B-Zellen des Pankreas gemeinsam sind. Nicht alle Gene dieser beschriebenen Unterformen haben sich aus mehrerlei Begründung als sinnvoll einzuschließende panel Bestandteile erwiesen. Sofern die klinische Diagnose weniger spezifisch bleibt, stehen mehrere Gen panels je nach Erkrankungsgruppe auch differentialdiagnostisch zur Verfügung.