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Gen-Panels für Klinische Bereiche

Klinischer BereichZahnheilkunde

Hinweise zum Klinischen Bereich

Hier finden Sie die für den oben angegebenen Klinischen Bereich verfügbaren krankheitsbezogenen Genpanels.

Sollten Sie die gewünschte Erkrankung nicht finden, verwenden Sie in der Suche bitte ein Ihnen bekanntes Synonym (auch in englischer Sprache).

Die Liste der gebietsbezogenen Erkrankungen zeigt die nach aktueller wissenschaftlicher Datenlage genetisch bedingten Erkrankungen, bei denen eine humangenetische Untersuchung sinnvoll ist. Eine genetische Untersuchung sollte gezielt und nur dann vorgenommen werden, wenn eine Verdachtsdiagnose vorliegt, die nur durch einen humangenetischen Befund ausgeschlossen oder gesichert werden kann. Die Patientinnen/Patienten sind dann in jedem Fall entsprechend aufzuklären, und es soll eine genetische Beratung angeboten werden (siehe GenDG §§ 9, 10). Bei vorgeburtlichen genetischen Untersuchungen ist eine schwangere Frau grundsätzlich genetisch zu beraten (GenDG § 15).

Zahnheilkunde und Genetik

Mittels molekulargenetischer Diagnostik werden die erblichen Ursachen von Erkrankungen auch aus dem Spektrum der Zahnheilkunde abgeklärt. Das Ziel ist hierbei, Abweichungen vom Referenzgenom („Wildtyp“) festzustellen und dann ggf. zwischen neutralen Varianten und pathogenen Mutationen zu unterscheiden, die für die physiologische Entwicklung und störungsfreie Funktion von Bedeutung sind. Die Vererbungsmuster von Erkrankungen aus dem Bereich der Zahnheilkunde stellen die Grundlagen der genetischen Beratung dar für die Patienten, Risikopersonen und betroffene Familien. In den letzten 30 Jahren wurden zahlreiche Gene charakterisiert, deren Veränderungen das Spektrum der Erkrankungen in der Zahlheilkunde hervorrufen bzw. zur Entwicklung dieser Leiden beitragen. Aktuelle Forschungsergebnisse wirken sich unmittelbar auf das diagnostische Vorgehen im Labor und in der Aufklärung bzw. genetischen Beratung aus. Beispielsweise können Mutationen in unabhängigen Genen auf verschiedenen Chromosomen klinisch nicht differenzierbare, hereditäre Erkrankungen hervorrufen („Lokus-Heterogenität“). Andererseits können verschiedene Mutationen in ein und demselben Gen zu klinisch offenbar separierten Krankheitsentitäten führen („allelische Heterogenität“).

Formalgenetik und Ätiologie

Formalgenetisch und ätiologisch lassen sich folgende Gruppen von Erkrankungen in der Zahnheilkunde unterscheiden:

  • monogene Erkrankungen (autosomale oder X-chromosomale Vererbung)
  • digene Erbleiden, die nur manifest werden, wenn gleichzeitig Mutationen jeweils heterozygot in zwei unterschiedlichen Genen vorliegen. Physiologischerweise bilden die beiden normalen Genprodukte zusammen funktionelle Heterodimere. Digene Vererbung betrifft ~3% der Erbkrankheiten neben den klassischen autosomalen und X-gekoppelten Leiden.
  • mitochondriale Erkrankungen (maternale oder autosomale Vererbung)
  • multifaktoriell bedingte Erkrankungen (Interaktion von mehreren bis vielen Genen plus Umwelt-Faktoren)

Angeborene Zahn-Fehlbildungen

Angeborene Zahn-Fehlbildungen erscheinen häufig sporadisch – gibt es eine genetische (Mit-)Ursache? Sehr viele dieser vererbten Leiden beruhen nachgewiesenermaßen auf genetischen Veränderungen und führen zu Störungen in den Proteinen, die die Zahn-Strukturen aufbauen. Die DNA-Diagnostik umfasst daher oftmals ein gestuftes Vorgehen, in dem zunächst die häufigsten Mutationen untersucht werden, bevor durch umfangreiche und kostenintensive panel-Verfahren auch die ganz seltenen genetischen Ursachen in parallelen Ansätzen eruiert werden. Aufgefundene Mutationen bzw. alle Varianten mit unklarer Bedeutung (VUS) werden durch DNA-Sequenzuntersuchung mit Sanger-Technik verifiziert. Nachfolgend sind nur drei häufigere Krankheitsgruppen detaillierter angeführt.

Oligodontie, Anodontie

Anodontie bezeichnet völlige Zahnlosigkeit, Zahnkeime sind nicht angelegt. Scheinbare Anodontie besteht, wenn die angelegten Zahnkeime nicht durchbrechen. Anodontie kann schon mit Zahnlosigkeit oder verminderter Anzahl Zähne im Milchgebiss einhergehen. Bei Hypodontie (Zahnunterzahl) fehlen 1-5 Zähne; bei Oligodontie fehlen ganze Zahngruppen, d.h. >6 Zähne. Anodontie wirkt sich auch auf das Kieferwachstum aus. Angeborene Zahnlosigkeit hat auch negative Auswirkungen auf das Weichgewebe der Mundhöhle, und Anodontie tritt oft auch in Kombination mit anderen Fehlbildungen auf. Zahndysplasien sind Fehlentwicklungen von Zähnen durch Wachstumsstörungen und mitunter durch erbliche Faktoren bedingt. In letzter Zeit sind zunehmend mehr dieser oftmals monogen bedingten Anodontie/Oligodontie-Defekte der direkten DNA-Diagnostik zugänglich geworden. Für die letztgenannten Unterformen dieses Spektrums sind die Vererbungsmuster genau bekannt und die genetischen Defekte direkt nachweisbar. Sofern die klinische Diagnose weniger spezifisch bleibt, steht daher auch ein sehr umfangreiches Gen panel zur Verfügung, welches die bekannten Differentialdiagnosen abdeckt.

Amelogenesis imperfecta

Amelogenesis imperfecta ist eine genetisch bedingte Erkrankung, bei der die Bildung des Zahnschmelzes (äußere Zahnhartsubstanz) beeinträchtigt ist. Der Zahnschmelz von betroffenen Personen weist Verfärbungen auf. Alle Zähne sind von Karies bedroht und temperaturempfindlich. Die Funktion der schmelzbildenden Zellen (Ameloblasten) ist gestört, so dass der Schmelz weniger Mineralien enthält. Das Dentin (innere Zahnhartsubstanz) ist nicht betroffen. Aufgrund des geringeren Mineralgehaltes werden die Zähne schnell kariös. Es kommt oft zum Ablösen des Zahnschmelz, und die Zähne verändern ihre Form. Der genetischen Heterogenität der Amelogenesis-Ursachen wird durch ein Basis panel mit mehr als einem Dutzend Genen sowie einem erweiterten panel mit nahezu >25 Genen Rechnung getragen.